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Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) und die betroffenen Bankdienstleistungen
by: Renate Prinz, Dr. Cornelius Hille of McDermott Will & Emery   Financial Regulatory News
Thursday, June 26, 2025

Am 28. Juni 2025 tritt das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) in Kraft. Das Kernziel des BFSG ist es, allen Menschen die barrierefreie Teilhabe am Wirtschaftsleben zu ermöglichen. So ist die Teilhabe an digitalen Produkten und Dienstleistungen insbesondere für Menschen mit Behinderung oftmals nur eingeschränkt möglich. Das BFSG verpflichtet alle Wirtschaftsakteure zur Barrierefreiheit bestimmter Dienstleistungen und Produkte. Dies schließt ausdrücklich auch Bankdienstleistungen mit ein, sodass für sämtliche betroffenen Unternehmen der Finanzbranche Handlungsbedarf besteht.

WEITERE INFORMATIONEN

1. Hintergrund

Mit dem BFSG wird die Richtlinie über die Barrierefreiheitsanforderungen für Produkte und Dienstleistungen ((EU) 2019/882) in deutsches Recht umgesetzt. Ergänzend wurde am 15. Juni 2022 die Verordnung zum Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSGV) verabschiedet, welche konkrete Anforderungen an die Barrierefreiheit von Produkten und Dienstleistungen regelt.

2. Anforderungen an die Barrierefreiheit

Das BFSG gewährleistet die Barrierefreiheit von Produkten und Dienstleistungen im Interesse der Verbraucher und Nutzer.

Zu den erfassten Produkten gehören u.a. sogenannte Selbstbedienungsterminals, worunter auch Zahlungsterminals und Geldautomaten fallen.

Die Dienstleistungen umfassen Bankdienstleistungen für Verbraucher. Hierzu zählen Verbraucherkreditverträge und Immobiliar-Verbraucherkreditverträge sowie bestimmte, verbraucherbezogene Wertpapierdienstleistungen und Nebendienstleistungen, wovon insbesondere die Portfolio-Verwaltung und die Anlageberatung erfasst sind. Außerdem unterfallen auch Zahlungsdienste nach dem ZAG, mit einem Zahlungskonto verbundene Dienste und E-Geld dem BFSG. Ferner sind auch generell Dienstleistungen im elektronischen Geschäftsverkehr geregelt, die im Hinblick auf den Abschluss eines Verbrauchervertrags erbracht werden. Erfasst ist damit nicht nur der Abschluss eines Verbrauchervertrags über eine Website oder eine App, sondern bereits der vorvertragliche Bereich.
Wirtschaftsakteure, die solche Produkte oder Dienstleistungen anbieten, haben grundsätzlich den Pflichten nach dem BFSG nachzukommen, und diese barrierefrei auszugestalten. Ausnahmen und Erleichterungen bestehen nur für Kleinstunternehmen (<10 Personen beschäftigt, Jahresumsatz oder Jahresbilanzsumme bis EUR 2 Mio.) und für den Fall, dass die Barrierefreiheitsanforderungen zu unverhältnismäßigen Belastungen des Wirtschaftsakteurs führen würden.

3. Generelle Pflichten

Vom BFSG erfasste Produkte und Dienstleistungen müssen barrierefrei sein. Hierzu müssen sie für Menschen mit Behinderungen in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe auffindbar, zugänglich und nutzbar sein. Dies gilt nicht nur für die Zeit des Vertragsschlusses, sondern für die gesamte Kundenkommunikation während der Vertragslaufzeit.

Das BFSG und die BFSGV enthalten zunächst generelle Anforderungen, die für Produkte und Dienstleistungen gelten. So müssen Informationen zur Nutzung von Produkten in verständlicher Weise und über mehr als einen sensorischen Kanal zur Verfügung gestellt werden. Selbstbedienungsterminals müssen u. a. über Sprachausgabe verfügen und, soweit Tasten verwendet werden, müssen diese mit ausreichendem Kontrast und taktiler Erkennbarkeit ausgestattet sein.

4. Besondere Pflichten bei Bankdienstleistungen

Darüber hinaus werden für Bankdienstleistungen besondere Pflichten aufgestellt. So müssen die bereitgestellten Identifizierungs- und Authentifizierungsmethoden, elektronische Signaturen, Sicherheitsfunktionen und Zahlungsdienste wahrnehmbar, bedienbar, verständlich und robust sein. Ferner müssen auch die Informationen zur Funktionsweise der Bankdienstleistung für Verbraucher verständlich sein und der Schwierigkeitsgrad der Sprache dieser Informationen darf das Sprachniveau B2 des Gemeinsamen europäischen Referenzrahmens für Sprachen des Europarats nicht überschreiten.

5. Sanktionen

Verstöße gegen die Pflichten des BFSG sind Ordnungswidrigkeiten und können grundsätzlich mit einer Geldbuße von bis zu EUR 100.000 geahndet werden. Neben verwaltungsrechtlichen Maßnahmen, wie Kontrollen und Informationsanfragen, und zivilrechtlicher Inanspruchnahme sind auch wettbewerbsrechtliche Konsequenzen nicht von vornherein ausgeschlossen.

6. Ausblick

Das BFSG betrifft gleich viele verschiedene Bereiche von Unternehmen und wesentliche Bankdienstleistungen des Geschäfts mit Verbrauchern. Nebenbei geht es über die eigentliche Zielgruppe der Menschen mit Behinderungen hinaus und schützt zugleich alle Verbraucher-Kunden (insbesondere solche mit einer ggf. auch altersbedingten, geringen Digitalkompetenz). Zur Vermeidung drohender Sanktionen und enttäuschter Kundenerwartungen sollten sich Unternehmen zeitnah mit den Pflichten auseinandersetzen und eine schnelle Umsetzung, idealerweise bis zum 28. Juni 2025, sicherstellen.

Wem eine Umsetzung bis zum Stichtag nicht gelingt, profitiert ggf. von den Übergangsbestimmungen. Demnach können Dienstleistungen grundsätzlich bis zum 27. Juni 2030 unter Weiterverwendung der Produkte erbracht werden, die vor dem 28. Juni 2025 genutzt wurden. Vor dem 28. Juni 2025 geschlossene Verträge dürfen entsprechend bis zum 27. Juni 2030 unverändert bestehen bleiben.

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