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Quarantäne im Urlaub
Thursday, December 9, 2021

Auswirkungen einer CORONA-Infektion auf Entgeltansprüche

  1. ENTSCHEIDUNG DES LAG DÜSSELDORF

Mit Urteil vom 15. Oktober 2021 hat das LAG Düsseldorf (Az.: 7 Sa 857/21) ebenso wie die Vorinstanz die Klage einer Arbeitnehmerin auf Nachgewährung von 10 Urlaubstagen abgewiesen. Die Klägerin hatte während ihres bewilligten Erholungsurlaubs eine behördliche Quarantäneanordnung erhalten, nachdem zunächst bei ihrer Tochter und dann auch bei ihr eine Corona-Infektion durch PCR-Test positiv festgestellt worden war. Der gegen die Klägerin ergangene Bescheid enthielt den Hinweis, dass sie Erkrankte im Sinne des § 2 Nr. 4 IfSG sei. Eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung durch einen Arzt holte die Klägerin nicht ein.

Das LAG wies die Klage mit Hinweis auf § 9 BUrlG ab. Das Gesetz unterscheide zwischen Erkrankung und nachgewiesener Arbeitsunfähigkeit. Eine Nichtanrechnung von bereits bewilligten Urlaubstagen erfordere einen ärztlichen Nachweis, dass eine Arbeitsunfähigkeit vorgelegen habe. Der Hinweis auf eine Corona-Erkrankung im Bescheid der Behörde verhalte sich hierzu nicht. Da die Norm als Ausnahmevorschrift eng auszulegen sei, komme auch eine analoge Anwendung nicht in Betracht. Urlaubsstörende Ereignisse als Teil des persönlichen Lebensschicksals fielen grundsätzlich in den Risikobereich der Arbeitnehmer:innen.

Das Gericht hat die Revision zugelassen. Das Ergebnis überzeugt, denn auch aufgrund vieler anderer – dem Privatbereich zuzuordnender – Umstände, kann der Erholungszweck des Urlaubs entfallen oder jedenfalls eingeschränkt sein, ohne dass das BurlG die Nachgewährung gebietet.

  1. ENTGELTANSPRÜCHE UND CORONA-INFEKTIONEN

Gerade vor dem Hintergrund, dass Unternehmen weiterhin betriebliche Testangebote anbieten und sie diese herbei teilweise auch so ausgestalten, dass sie als 3-G-Nachweis im Sinne des IfSG dienen können, stellt sich allen Beteiligten immer wieder die Frage, welche Konsequenzen ein positives Schnelltestergebnis zu Folge haben kann:

  • Schnelltest positiv; PCR-Test negativ:

  • In dieser Konstellation haben Unternehmen den betroffenen Arbeitnehmer:innen zunächst den Zugang zum betrieblichen Arbeitsplatz zu versagen. Erst nach Vorlage eines negativen PCR-Testergebnisses dürfen Arbeitnehmer:innen ihre Tätigkeit wieder vor Ort aufnehmen. In der Zwischenzeit können sie regelmäßig ihre Arbeitsleistung nicht erbringen. Obwohl dies (auch) auf Anweisung des Unternehmens geschehen ist, besteht grundsätzlich dennoch kein Anspruch auf Annahmeverzugslohn, da die Arbeitsleistung am betrieblichen Arbeitsplatz gem. § 28b Abs. 1 IfSG verboten ist. Ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung nach Maßgabe des § 3 Abs. 1 S. 1 EFZG scheidet wiederum mangels Krankheit und auch Arbeitsunfähigkeit aus. Einzig ein Anspruch auf Grundlage von § 616 BGB kommt in Betracht, sofern dieser nicht einzelvertraglich abbedungen worden ist.

  • Schnelltest positiv; PCR-Test positiv; Schutzimpfung; keine Arbeitsunfähigkeit:

  • Stellt sich nach einem positiven Schnelltest auch der PCR-Test als positiv heraus, führt dies dazu, dass Arbeitnehmer:innen unter behördliche angeordnete Quarantäne gestellt werden. Sie sind an der Erbringung der Arbeitsleistung vor Ort im Betrieb gehindert. Wenn die Arbeitsleistung nicht vom häuslichen Arbeitsplatz erbracht werden kann, sind Unternehmen hier in der Regel nicht zur Fortzahlung des Entgelts verpflichtet. Denn selbst wenn § 616 BGB nicht wirksam abbedungen worden sein sollte, wird der gesetzlich vorausgesetzte Zeitraum für „eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit“ im Sinne der Norm in aller Regel überschritten. In der Konsequenz entfällt von Anfang an ein Anspruch nach § 616 BGB. Eine Ent-geltfortzahlung nach Maßgabe des EFZG kommt wiederum nur in Betracht, wenn Arbeitnehmer:innen nicht nur in Quarantäne, sondern zudem arbeitsunfähig erkrankt sind.
    Arbeitnehmer:innen, die eine öffentlich empfohlene Schutzimpfung (trifft auf die Corona-Schutzimpfungen zu) erhalten haben, können in einem solchen Fall jedoch grundsätzlich gegenüber der zuständigen Behörde Anspruch auf Entschädigung nach § 56 Abs. 1 IfSG geltend machen, für den Unternehmen in Vorleistung zu treten haben (§ 56 Abs. 5 IfSG). Eine Ausnahme gilt jedoch, wenn die Quaran-täneanordnung nach einer Rückkehr aus einem bereits bei Reisebeginn als Virus-variantengebiet klassifizierten Ausland erfolgt. Eine Vermeidung der Quarantäne ist dann – trotz Schutzimpfung – nicht möglich und die Arbeitsverhinderung wäre im Sinne des § 56 Abs 1 IfSG vermeidbar gewesen.
    Anders als in der letzten Konstellation ist ein Entschädigungsanspruch hingegen gegeben, wenn Arbeitnehmer:innen trotz Corona-Schutzimpfung corona-positiv sein sollten und in behördlich angeordnete Quarantäne müssen. Für Arbeitnehmer:innen ist die Quarantäne dann im Ergebnis nicht vermeidbar (i.S.d. IfSG) gewesen.

  • Schnelltest positiv; PCR-Test positiv; keine Schutzimpfung; keine Arbeitsunfähigkeit:

  • Wenn Arbeitnehmer:innen die Arbeit vom häuslichen Arbeitsplatz nicht möglich ist, haben sie einem solchen Fall keine Ansprüche – weder gegenüber dem Unter-nehmen noch gegenüber der zuständigen Behörde. Das o.g. gilt entsprechend. Der Verdienstausfall infolge einer Quarantäneanordnung wäre jedoch durch Inanspruchnahme einer empfohlenen Schutzimpfung vermeidbar gewesen, sodass ein Entschädigungsanspruch nach § 56 Abs. 1 IfSG ausscheidet. Dass in der Vergangenheit unter Umständen dennoch Entschädigungsansprüche gewährt wurden, beruhte allein auf einer gelebten Behördenpraxis, die aufgrund nicht ausreichend zur Verfügung stehender Vakzine zustande kam, wodurch die Voraussetzungen des Gesetzeswortlauts nicht erfüllt gewesen sein sollte. Wie die Behörden den Umstand einordnen, dass eine Schutzimpfung nicht vollständig vor einer Infektion (und damit einer Quarantäneanordnung) schützt, ist noch nicht klar.

  • Schnelltest positiv; PCR-Test positiv; Schutzimpfung; Arbeitsunfähigkeit:

  • Für den Fall, dass Arbeitnehmer:innen an Corona erkrankt sind und Krankheitssymptome aufweisen, ist in der Regel eine Arbeitsunfähigkeit infolge einer Krankheit gegeben. Die Arbeitsunfähigkeit muss dennoch von einem Arzt diagnostiziert und festgestellt werden. Hierfür bieten sich die gerade erst erweiterten Möglichkeiten der Videosprechstunde an. Derzeit gelten hierbei wegen der Corona-Pandemie bis zum 31. Dezember 2021 sowieso noch weitgehende Erleichterungen. Bei einer Arbeitsunfähigkeit infolge einer Krankheit sind Unternehmen gem. § 3 Abs. 1 S. 1 EFZG zur Entgeltfortzahlung für die Dauer von bis zu sechs Wochen verpflichtet, sobald das Arbeitsverhältnis seit mindestens sechs Monaten Bestand hat. Anhaltspunkte für eine selbstverschuldete Arbeitsunfähigkeit bestehen in dieser Konstellation nicht.In einem solchen Fall bestünde – anders als im vom LAG entschiedenen Fall – auch Anspruch auf Nachgewährung von Urlaub gem. § 9 BUrlG, wenn die Arbeitsunfähigkeit in den Zeitraum eines bewilligten Urlaubs fallen sollte. Ein Entschädigungsanspruch nach Maßgabe des IfSG scheidet in aller Regel aber aus.

  • Schnelltest positiv; PCR-Test positiv; keine Schutzimpfung; Arbeitsunfähigkeit

  • Es bleibt abzuwarten, ob Arbeitnehmer:innen ein Entgeltfortzahlungsanspruch nach § 3 Abs. 1 S. 1 EFZG auch dann geltend machen können, wenn sie infolge einer Corona-Infektion arbeitsunfähig erkranken und sie keine Corona-Schutzimpfung in Anspruch genommen haben. Es ist durchaus möglich, dass Gerichte hier zukünftig von einer selbstverschuldeten Arbeitsunfähigkeit der betreffenden Arbeitnehmer:innen ausgehen könnten, die einem Anspruch auf Entgeltfortzahlung entgegensteht. Entsprechendes wird bspw. bereits in der Literatur vertreten, wenn sich Arbeitnehmer:innen im Rahmen eines Urlaubsaufenthaltes in einem Risikogebiet eine Corona-Infektion zugezogen haben sollten. Aufgrund vermehrt auftretender Impfdurchbrüche könnte allerdings die erforderliche Kausalität zwischen dem Verschulden gegen sich selbst und der eingetretenen Arbeitsunfähigkeit in Zweifel gezogen werden. Allerdings bedarf es im Verhältnis Verschulden-Arbeitsunfähigkeit gerade keiner „Monokausalität“ wie im Verhältnis Krankheit-Arbeitsunfähigkeit. Die Möglichkeit, rechtmäßige eine Entgeltfortzahlung zu verweigern, erscheint daher nicht ausgeschlossen.

 

  1. FAZIT

Das Urteil des Landesarbeitsgerichts ist zu begrüßen und schafft weiter Klarheit bei einer der vielen arbeitsrechtlichen Fragestellungen, zu denen es im Zusammenhang mit der Pandemie kommt. Unternehmen ist in jedem Fall zu raten, nicht einfach vorbehaltlos Entgelt fortzuzahlen, wenn Arbeitnehmer:innen im Pandemiegeschehen nicht ihre arbeitsvertraglich geschuldete Arbeitsleistung erbringen können. Durch das seit dem 24. November 2021 in § 28b InfSG enthaltene Auskunftsrecht in Hinblick auf den 3-G-Status haben Unternehmen nun auch verbesserte Möglichkeiten um geltend gemachte Ansprüche besser beurteilen zu können.

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