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Neues zum Whistleblowing – Neuer Referentenentwurf zum Hinweisgeberschutzgesetz
Friday, April 22, 2022

Am 13. April 2022 veröffentlichte das Bundesministerium der Justiz einen Referentenentwurf für ein Hinweisgeberschutzgesetz („HinSchG-E“). Umgangssprachlich als „Whistleblowergesetz“ bezeichnet, setzt es eine entsprechende Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates um (RL (EU) 2019/1937) („Richtlinie“). Aus arbeitsrechtlicher Sicht ist insbesondere der vorgesehene Schutz von Whistleblowern vor Kündigungen, Versetzungen oder Disziplinarmaßnahmen bemerkenswert. Das gilt nicht nur bei der Meldung von Verstößen gegen das Unionsrecht, sondern – über die europäischen Vorgaben hinausgehend – auch bei Verstößen gegen rein nationales Recht. Auf die bis Mitte Mai stattfindende Verbände- und Länderbeteiligung zum Referentenentwurf folgt dann die Abstimmung in Bundestag und Bundesrat.

ENTSTEHUNGSGESCHICHTE

Bereits von der letzten Bundesregierung wurde ein Referentenentwurf zum Hinweisgeberschutz auf den Weg gebracht. Das damalige Gesetzgebungsverfahren scheiterte jedoch an Unstimmigkeiten zwischen SPD und Union. Streitpunkt war, ob Whistleblower nur geschützt werden sollten, wenn es um Verstöße gegen EU-Recht geht oder weitergehend auch bei gemeldeten Verstößen gegen nationales Recht. Während die SPD schon damals eine nun auf den Weg gebrachte überschießende Umsetzung der Richtlinie befürwortete, kritisierte die Union die damit einhergehende Bürokratie und zusätzliche Regulierung.

Am 17. Dezember 2021 ist die in der Richtlinie vorgegebene Umsetzungsfrist verstrichen. Anfang 2022 hatte die EU-Kommission daraufhin ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet. Bis zum Inkrafttreten des HinSchG können sich Beschäftigte gegebenenfalls unmittelbar auf einzelne Artikel der Richtlinie berufen.

INHALT DES REFERENTENENTWURFS

Im Wesentlichen entspricht der Referentenentwurf demjenigen aus der letzten Legislaturperiode. Hinsichtlich des persönlichen Anwendungsbereichs des HinSchG-E ist klarzustellen, dass u.a. auch Vorstände und Geschäftsführer als Hinweisgeber in Frage kommen und damit vom Hinweisgeberschutz profitieren können. In sachlicher Hinsicht werden Verstöße gegen Vorschriften aus dem Strafrecht, bestimmte Ordnungswidrigkeiten und Unions- sowie korrespondierendes nationales Recht erfasst. Dem HinSchG-E zufolge sind unternehmensinterne und externe Meldekanäle zu errichten, an die sich Whistleblower wenden können. Das interne Meldesystem kann nach dem HinSchG-E beispielsweise auch über eine konzernweite Meldestelle gewährleistet werden. Die originäre Verantwortung dafür, einen festgestellten Verstoß zu beheben und weiterzuverfolgen, muss dabei bei dem jeweiligen beauftragenden Tochterunternehmen verbleiben. Zwischen beiden Meldekanälen haben Hinweisgeber ein Wahlrecht. Bei Einhaltung der gesetzlich geregelten Anforderungen an eine Meldung werden die Beschäftigten umfangreich vor Repressalien wie Kündigung oder sonstigen Benachteiligung geschützt.

ABWEICHUNGEN VOM BISHERIGEN ENTWURF

Der sachliche Anwendungsbereich sollte nach dem Entwurf von 2021 noch die Meldung und Offenlegung von Informationen über Verstöße, die straf- oder bußgeldbewehrt sind, sowie sonstige Verstöße gegen Gesetze, Rechtsverordnungen und sonstige Vorschriften des Bundes und der Länder und bestimmte EU-Rechtsakte erfassen. Der jetzige Entwurf ist dahingehend etwas enger formuliert und umfasst bußgeldbewehrte Verstöße nur insoweit, als die verletzte Vorschrift dem Schutz von Leben, Leib oder Gesundheit oder dem Schutz der Rechte von Beschäftigten oder ihrer Vertretungsorgane dient (§ 2 Abs. 1 Nr. 2 HinSchG-E). Zudem soll statt wie im alten Entwurf vorgesehen nicht der Bundesdatenschutzbeauftragte, sondern das Bundesamt für Justiz für die externe Meldestelle zuständig sein. Die Begründung des aktuellen Entwurfs stellt zudem anders als die des vorhergehenden klar, dass die erwähnten konzernweiten Meldestellen als „Dritte“ im Sinne des Gesetzes gelten.

WESENTLICHE ASPEKTE IN ARBEITSRECHTLICHER HINSICHT

Auswirkungen auf das Arbeitsrecht hat insbesondere der Schutz der Beschäftigten vor benachteiligenden Handlungen oder Unterlassungen infolge der Meldung oder Offenlegung eines Gesetzesverstoßes. Beispielhaft zählt die Gesetzesbegründung als benachteiligende Handlungen unter anderem die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses, die Verweigerung der Teilnahme an Weiterbildungsmaßnahmen sowie eine Abmahnung auf. Die Richtlinie benennt in Art. 19 weitere Repressalien, wie etwa die Herabstufung oder Versagung einer Beförderung, Aufgabenverlagerung, Änderung des Arbeitsortes, Gehaltsminderung, Änderung der Arbeitszeit, sowie die Ausstellung eines schlechten Arbeitszeugnisses. Die Beweislast im Fall einer solchen Benachteiligung ist in § 36 Abs. 2 HinSchG-E geregelt. Für die kausale Verknüpfung der Benachteiligung mit der Meldung oder Offenlegung sowie für die ungerechtfertigte Benachteiligung gilt im arbeitsgerichtlichen Verfahren demnach eine Beweislastumkehr. Das bedeutet, dass die Person, die die potenziell benachteiligende Maßnahme ergreift, darlegen und beweisen muss, dass diese auf hinreichend gerechtfertigten anderen Gründen basierte. Mit dem Ergreifen individualrechtlicher Schritte gegen Whistleblower sollte auf Arbeitgeberseite also äußerst sorgsam umgegangen und diese umfassend dokumentiert werden. Aufgrund des weiten persönlichen Anwendungsbereich sind bei Vorständen und Geschäftsführern ebenfalls die Gründe für Kündigungen bzw. Abberufungen schriftlich zu dokumentieren, um im Zweifelsfall nachweisen zu können, dass die Entscheidungen unabhängig von Meldungen erfolgten.

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