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Nach Corona ist vor Corona: Das Ende der epidemischen Lage im Arbeitsrecht
Friday, November 5, 2021

Am 24. November 2021 läuft die Feststellung der „epidemische Lage von nationaler Tragweite“ aus, die der letzte Bundestag im August 2021 noch einmal verlängert hatte. Es sieht nicht danach aus, dass der neu konstituierte Bundestag eine weitere Verlängerung beschließt. Stattdessen soll eine Übergangslösung bis März 2022 entwickelt werden, die den Ländern gewisse Handlungsspielräume zum eigenständigen Erlass von Corona-Maßnahmen erlässt. Offenbar bauen die Länder auf diese Übergangslösung, da z.B. in Bayern noch am 3. November 2021 und in Sachsen am 19. Oktober 2021 neue Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie auf Basis der Bundesgesetze, die eine epidemische Lage voraussetzen, beschlossen wurden. Wir wagen einen Ausblick auf die Rechtslage nach dem Ende der epidemischen Lage.

1. Ende der Corona-Arbeitsschutzverordnung

Zeitgleich mit dem Ende der epidemischen Lage läuft am 24. November 2021 auch die Corona-ArbSchV aus. Nach einer Verlängerung sieht es nicht aus.

Was fällt weg?

Mit dem Auslaufen entfällt unter anderem die Pflicht zur Bereitstellung von Corona Selbsttests (2 pro Woche) und die Erstellung eines betrieblichen Hygienekonzepts.

Was gilt dann?

Es ist wahrscheinlich, dass der Bundestag noch im November 2021 eine Änderung des IfSG beschließt, die eine Übergangsregelung mit (eingeschränkten) Kompetenzen der Länder vorsieht. Der Gesetzesentwurf des (inzwischen nur) geschäftsführenden Bundesgesundheitsministerium soll vorliegen. Insbesondere soll den Ländern erlaubt sein, über die Maskenpflicht, Zugangsregeln nur für Geimpfte, Genesene und Getestete, Hygienekonzepte, Abstandsgebote und Kontaktdaten-Erfassung zu entscheiden. Bayern hat am 3. November 2021 eine Interimsregelung beschlossen, bei der es vor allem um die Maskenpflicht in Schulen und um Hotspots geht. Ausweislich der Pressemitteilung der Bayrischen Staatskanzlei vom 3. November 2021 appelliert Bayern an den Bund, den Ländern weiterhin eine adäquate Pandemiebekämpfung zu ermöglichen. Die Ministerpräsidenten der Länder haben zudem den Bund aufgefordert, weiterhin einheitliche Regelungen für die Bekämpfung der Corona Pandemie zu schaffen.

Am Beispiel der Bayrischen Interimsregelung lässt sich in etwa die Richtung erkennen, was im Arbeitsrecht kommen könnte: Neben der temporären Rückkehr der Maskenpflicht an Schulen gibt es auch arbeitsrechtlich relevante Änderungen. Neben dem bekannten Inzidenzwert richten sich die Maßnahmenampel jetzt auch nach den zur Verfügung stehenden Intensivbetten. Die rote Phase kann dabei auch unter spezielle Voraussetzungen in Hotspots erreicht werden. Sobald die rote Stufe (Belegung von mehr als 600 Intensivbetten mit Covidpatienten) erreicht ist, gilt in Betrieben mit mehr als 10 Beschäftigten oder für Beschäftigte, die während ihrer Arbeit Kontakt zu anderen Personen haben (egal ob Kunden, andere Beschäftigte oder sonstige Personen) 3G als Zugangsregelung. Ausgenommen davon sind insbesondere Handel und der ÖPNV. Für die 3G Regel soll weiterhin ein Selbsttest zweimal pro Woche ausreichen. Zudem werden die Zugangsbeschränkungen mit Erreichen der roten Stufe verschärft: Wo bisher 3G galt, gilt 3Gplus (PCR Test), wo bereits 3Gplus galt, gilt 2G. Schließlich werden auch die Quarantäne Regelungen angepasst. Die Quarantänedauer wird für enge Kontaktpersonen auf mindestens sieben, in Regionen mit hohem Infektionsgeschehen sogar auf zehn Tage erhöht, wobei eine vorherige Freitestung nicht möglich sein soll.

Noch unklar ist, ob der der Arbeitgeber den Test qua Weisungsrecht anordnen kann oder den Zutritt verwehren muss und Beschäftigte, die den Test verweigern, den Lohnanspruch verlieren. Darauf deutet die Bezeichnung als Zugangsregelung. Aktuell steht die Ampel in Bayern noch auf grün.

2. Erhebung des Impfstatus

Was gilt aktuell?

Weiterhin sind Unternehmen nicht berechtigt, Beschäftige nach dem Impfstatus zu fragen. Die privaten Gesundheitsdaten von Arbeitnehmern sind geschützt und müssen gegenüber dem Arbeitgeber nicht offenbart werden. Die Datenerhebung ist nicht zulässig.
Ausnahmen sieht das Infektionsschutzgesetz (IfSG) für bestimmte Berufsgruppen bzw. Arbeitsplätze vor. Nach §§ 23 Abs.3, 23a IfSG dürfen etwa Krankenhäuser oder anderen medizinischen Einrichtungen wie auch Arztpraxen oder ambulanten Pflegediensten nach der Covid 19 Impfung fragen, jedenfalls wenn Beschäftigte mit Patienten in Kontakt kommen können oder in den Räumen tätig sind, die Patienten betreten also etwa bei den Reinigungskräften. Das Frage- und Datenverarbeitungsrecht wurden dann durch §§ §§ 33,36 Abs. 3 IfSG auf einzelne Gemeinschaftseinrichtungen (etwa KiTas, Schulen, Heime, Obdachlosen- und Asylunterkünften, Justizvollzugsanstalten) sinnvoll erweitert.

Was fällt weg?

Bei den Gemeinschaftseinrichtungen ist das Fragerecht an die epidemische Klage gebunden und entfällt somit mit Auslaufen des Bundestagsbeschlusses. Das kann mit einem Fragezeichen versehen werden. In KiTas, Schulen, Heimen und sonstigen Gemeinschaftseinrichtungen dürften Beschäftigten nicht mehr gefragt werden, ob sie gegen Covid19 geimpft sind. Sinnvoll ist das nicht. Die Ansteckungsgefahr dürfte mindestens gleich hoch sein wie in medizinischen Einrichtungen, so dass die Regelungen durch den Bundestag verlängert werden sollte. Bei den Arztpraxen ändert sich nichts.

Kommt das Fragerecht nach dem Impfstatuts für Alle?

Der Druck auf den Gesetzgeber nimmt hier zu, vor allem angesichts steigender Infektionszahlen und der Tatsache, dass viele Unternehmen vermutlich über den Impfstatus der Beschäftigten Bescheid wissen. Der Handelsverband Deutschland hatte bereits Ende September ein Fragerecht für alle Arbeitgeber gefordert, unabhängig von der Art der Beschäftigung und des Arbeitsplatzes. Die Forderung verdient insbesondere vor dem Hintergrund Zustimmung, dass in immer mehr Bereichen wie z.B. der Innengastronomie von Kunden 2G oder 3G Nachweise gefordert werden, gleichzeitig der Arbeitgeber aber im Ungewissen bleibt, ob die eigene Belegschaft geimpft ist. Sinn ergibt das nicht. Aber Vorsicht: die Versuche der Literatur, einen Auskunftsanspruch aus allgemeinen arbeitsrechtlichen Gesichtspunkten herzuleiten, stoßen jedenfalls bei den Datenschutzbehörden auf keine Resonanz, so dass die derzeit noch unbefugte Datenerhebung vor allem vor dem Hintergrund riskant ist, dass es sich beim Impfstatuts um besonders geschützte Daten nach Art. 9 Abs. 1, 2 DSGVO. § 26 Abs. 3 S. 1 BDSG handelt. Hier braucht es dringend eine Regelung, will man die nächsten Wellen brechen.

3. Möglichkeit zum bundesweiten Lockdown im Einzel- oder Großhandel läuft aus

Bisher sind in § 28a Abs. 1 IfSG eine Vielzahl von Maßnahmen aufgelistet, die an den Begriff der epidemischen Lage von nationaler Tragweiter anknüpfen und damit mit deren Auslaufen grundsätzlich nicht mehr bestehen. Dazu gehört insbesondere aus arbeitsrechtlicher Sicht die Untersagung und Beschränkung der Gastronomie, Gewerbe und dem Einzel- oder Großhandel. In diesem Bereich werden derzeit auch keine Übergangsregelungen erwartet. Umfassende Lockdowns soll es mit Auslaufen der pandemischen Lage nicht mehr geben.

4. Verlängerung der Kinderkrankentage

Auch die Ausweitung zum Kinderkrankengeld, die eine Erhöhung der Anspruchstage von 20 auf 30 Tage pro Elternteil und Kind bzw. 60 statt 30 Tage bei Alleinerziehenden, sowie den Bezug von Kinderkrankengeld auch bei einem Ausfall der Kinderbetreuung ermöglichte, fällt mit dem Ende der pandemischen Lage grundsätzlich weg, § 56 Abs. 1a, 2 S. 5 IfSG. Auch hier sind jedoch Übergangsregelungen bis März 2022 zu erwarten.

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