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Kein digitales Zugangsrecht – Gewerkschaft scheitert mit Klage gegen Adidas
Thursday, February 6, 2025

Spätestens seit der Corona-Pandemie erfreut sich das Home-Office großer Beliebtheit: Rund ein Viertel aller Erwerbstätigen in Deutschland arbeitet zumindest teilweise aus dem Home-Office. Doch während das mobile Arbeiten sowohl für Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber eine Reihe von Vorteilen mit sich bringt, stellt es die – ohnehin über Mitgliederschwund klagenden – Gewerkschaften vor zunehmende Herausforderungen: Potenzielle Gewerkschaftsmitglieder, die von zu Hause aus arbeiten und nicht physisch auf dem Betriebsgelände erscheinen, sind schlicht schwieriger zu erreichen als ihre Kollegen, die täglich zur Arbeitsstätte pendeln und von den Gewerkschaften auf dem Firmenparkplatz angeworben werden können.

Die Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE) nahm genau diese Herausforderung nun zum Anlass, von Adidas die Herausgabe der dienstlichen E-Mail-Adressen seiner Mitarbeitenden, Zugang zum konzernweiten sozialen Netzwerk Viva Engage sowie die Verlinkung ihrer Homepage auf der Startseite des Intranets des Sportartikelherstellers zu verlangen. In einer in der vergangenen Woche ergangenen Entscheidung erteilte das Bundesarbeitsgericht den Gewerkschaftsforderungen und damit einem „digitalen Zugangsrecht“ jedoch eine Absage.

In seiner Entscheidung (BAG, Urt. v. 28.01.2025, Az. 1 AZR 33/24) stellte der erste Senat um die Präsidentin des Bundesarbeitsgerichts Inken Gallner klar, dass Arbeitgeber weder hinsichtlich bereits beschäftigter Arbeitnehmer noch hinsichtlich neu hinzukommender Arbeitnehmer dazu verpflichtet seien, dienstliche E-Mail-Adressen zum Zwecke der Mitgliederwerbung an die jeweils tarifzuständige Gewerkschaft herauszugeben. Zwar gewährleiste die in Art. 9 Abs. 3 GG normierte Koalitionsfreiheit die grundsätzliche Befugnis von Gewerkschaften, betriebliche E-Mail-Adressen der Arbeitnehmer zu Werbezwecken und für deren Information zu nutzen, allerdings resultiere daraus keine Verpflichtung von Arbeitgebern, die Mitgliederwerbung durch Übermittlung der E-Mail-Adressen selbst aktiv zu unterstützen. Neben den insofern betroffenen konkurrierenden Grundrechten des Arbeitgebers aus Art. 14 GG sowie Art. 12 Abs. 1 GG und der verfassungsrechtlich garantierten wirtschaftlichen Betätigungsfreiheit seien die ebenfalls berührten Grundrechte der betroffenen Arbeitnehmer aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG bzw. Art. 8 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union zu berücksichtigen und mit der Koalitionsfreiheit abzuwägen. Die von der Gewerkschaft erhobene Forderung bringe die betroffenen Rechte dabei nicht in einen angemessenen Ausgleich.

Auch mit ihren Anträgen auf Zugang zum konzerninternen sozialen Netzwerk und eine Verlinkung der Gewerkschafts-Homepage auf der Startseite des firmeneigenen Intranets scheiterte die Gewerkschaft. Die damit einhergehenden Beeinträchtigungen des Arbeitgebers übersteigen dem Bundesarbeitsgericht zufolge das durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützte Interesse der Gewerkschaft an der Durchführung solcher Werbemaßnahmen. Insbesondere die Forderung nach Verlinkung im firmeneigenen Intranet finde aktuell keine Grundlage im Gesetz und könne mangels planwidriger Regelungslücke im Betriebsverfassungsgesetz auch nicht auf § 9 Abs. 3 S. 2 BPersVG gestützt werden.

Ob der Gesetzgeber vor dem Hintergrund dieser Entscheidung tätig wird und mit der ausdrücklichen Normierung eines elektronischen Zugangsrechts auf den Wandel der Arbeitswelt reagiert, bleibt abzuwarten. Bis dahin bleibt den Gewerkschaften lediglich, auf klassischem Wege um Nachwuchs zu werben oder – wie das Bundesarbeitsgericht betont – potenzielle Mitglieder vor Ort im Betrieb nach ihrer dienstlichen E-Mail-Adresse zu fragen. Betroffene Unternehmen können bei vergleichbaren Gewerkschaftsanfragen hingegen – jedenfalls vorerst – getrost auf die Rechtsprechung aus Erfurt verweisen.

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